Biologie der Bäume

Jeder Baum ist ein Kalender

Jedes Jahr legt der Baum eine neue Holzschicht an, die sich wie ein Mantel um die alte legt und im Querschnitt als Ring erscheint. Im Frühjahr kommt es ihm vor allem darauf an, die Blätter mit möglichst viel Wasser zu versorgen. Die im Frühling wachsende Holzschicht enthält daher besonders viele und weite Röhren. Zum Herbst hin sinkt der Wasserbedarf der Blätter, dafür ist aber Stabilität des Holzes gefragt – immerhin steht die Zeit der Stürme und Schneelasten bevor. Daher sind die Röhren in der Herbst-Holzschicht enger, aber dafür hat sich hier mehr Holzsubstanz gebildet.

Jahresringe

Durch Zählen der Jahresringe lässt sich das Alter eines frisch gefällten Baums feststellen.

Bohrung zur Altersbestimmung

Entnahme einer Bohrprobe zum Zählen der Jahresringe.

Ein Vergrößerungsglas zeigt diesen Unterschied deutlich: Von der Mitte nach außen folgt immer eine hellere und eine dunklere Schicht aufeinander, so dass die Markröhre, die Mitte des Stamms, von vielen Kreisen umgeben ist. Man nennt diese Kreise Jahresringe. Denn wenn man die dunklen Ringe von der Markröhre bis außen zählt, weiß man, wieviele Jahre der Baum alt ist.
Je dichter die Jahresringe aufeinander folgen, desto langsamer ist der Baum gewachsen, aber desto härter ist sein Holz. Bei der recht schnellwüchsigen Fichte sind sie oft ein bis zwei Zentimeter breit, bei der langsam wachsenden, zähen Eiche nur wenige Millimeter.
Manche Menschen schlagen Nägel in einen Baumstamm, um etwa eine Schnur oder ein Schild daran aufzuhängen, andere ritzen ihre Namen in die Rinde. Rätselfrage: Kommt man 20 oder 30 Jahre danach zu diesem Baum (und er steht noch) – in welcher Höhe sind Nagel oder Schrift jetzt?
Richtig – in der gleichen Höhe. Das Höhenwachstum eines Baums findet nämlich allein in der Spitze statt. Der Stamm dagegen wächst nur noch in die Breite. Bei Menschen soll es übrigens ab einem gewissen Alter nicht anders sein.

Jahresringe sind heute nützliche Hilfsmittel der Forschung. Bäume führen in ihnen eine Art Tagebuch. Bei genauem Hinsehen erkennt man, dass die Jahresringe nicht alle gleich dick sind. Oft sind sie nicht einmal kreisförmig, sondern oval oder sonstwie verformt. Darin spiegelt sich die Lebensgeschichte eines Baumes. Auffällig dünne Ringe erzählen von schlechten Wachstumsbedingungen, etwa trockenen Sommern oder starker Beschattung durch andere Bäume. Breite Ringe künden dagegen von guten Jahren, von genügend Sonne und Feuchtigkeit.Auch besondere Erlebnisse sind in diesem Baum-Tagebuch verzeichnet, etwa Schäden durch Wild, Waldbrand oder Blitzschlag. Noch nach Jahrhunderten kann ein Fachmann solche Ereignisse an den Jahresringen ablesen und durch Zählen der Ringe vom Mittelpunkt an das Jahr feststellen, in dem sie stattfanden.Wissenschaftler haben die Jahresringe alter Bäume aus dem gleichen Gebiet verglichen und konnten ganz bestimmte Muster erkennen. Diese Muster entstehen, weil bei uns die Wetter- und Klimabedingungen ständig schwanken: In einem Jahr ist das Frühjahr trocken, im nächsten feucht, im folgenden Jahr ist es bis in den November warm, dann wieder bricht der Winter früh herein. All das notieren die Bäume in ihrem Jahresring-Tagebuch über Jahrhunderte hinweg.Bei alten Eichen sind zum Beispiel oft mehrere Jahresringe von 1739 an ungewöhnlich schmal. Grund dafür war ein extrem strenger Winter in jenem Jahr. Es war damals so bitterkalt, dass der Frost die Rinde vieler Bäume aufsprengte. Sie brauchten dann mehrere Jahre, um sich von den Verletzungen zu erholen.Die ältesten lebenden Bäume stehen seit vielen tausend Jahren. Aber Wissenschaftler können den Jahresring-Kalender sogar noch für Ereignisse aus viel weiter zurückliegenden Zeiten nutzen. Sie vergleichen dazu die Jahresringmuster unterschiedlich alter Hölzer mit Hilfe von Computern.Ein Beispiel: An einer 2018 gefällten alten Eiche zählt man 430 Jahresringe; sie keimte also 1588, in dem Jahr, als die spanische Armada gegen England segelte. Ein Balken aus einer Kirche trägt die Jahreszahl 1612 und weist 320 Jahresringe auf. Zwischen 1588 und 1612 lebten beide Bäume, ihre Jahresringmuster sind identisch, aber mit dem Balken kommt man jetzt schon bis 1292 zurück. Und so kann man immer weitermachen, jedenfalls solange man so alte Holzbalken findet. So kann man zum Beispiel Daten über das Klima längst vergangener Jahrtausende gewinnen.Besonders wertvoll erwies sich die Jahresringchronologie für die Vorgeschichtsforscher, die Archäologen. Sie finden oft alte Balkenreste und wollen deren genaues Alter wissen. Durch Vergleich der Jahresringmuster ist das heute kein Problem mehr. So konnte man zum Beispiel das Bauholz der aus dem Weserschlamm geborgenen Bremer Hansekogge auf das Jahr 1378 datieren. So helfen uns die Bäume sogar, die menschliche Geschichte zu erforschen.

 

Baumring Sequenz

Mittels Abgleich der typischen Jahresringmuster lassen sich auch alte Balken datieren.

Holzzellen

In der Vergrößerung erkennt man den Unterschied zwischen Frühjahrs- und Herbst-Holzzellen.

Wissenswertes über Bäume

Laubbaum – Nadelbaum

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"Bäume sind Heiligtümer. Wer mit ihnen zu sprechen, wer ihnen zuzuhören weiß, der erfährt die Wahrheit", schrieb der deutsche Schriftsteller Hermann Hesse. mehr …

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Von Blüte zu Blüte

Zur Fortpflanzung der Bäume gehören Blüten. Manche sind prachtvoll, wie bei der Magnolie, andere eher unscheinbar. Und manchmal machen sie sich unangenehm bemerkbar.  mehr …

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Kurz bevor sie in ihre Winterruhe gehen, veranstalten Laubbäume ein prächtiges Farbspektakel. Ausgelöst wird es durch die abnehmende Tageslänge. Sie färben ihre Blätter und lassen sie in der Herbstsonne in unzähligen gelben, orangen und roten Farbtönen strahlen.  mehr …

Baum als Biotop

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Profiteure des Baumtods

Selbst ein toter Baum spendet noch Leben. Denn er steckt ja noch voller energiereicher Stoffe, die als Nahrung brauchbar sind. Sofort stellen sich daher Pilze, Tiere und Pflanzen ein, die ihn weiter abbauen und dadurch ihr eigenes Dasein fristen.  mehr …

Müllwerker des Lebens

Im Herbst fallen von einem großen Baum weit über hunderttausend Blätter ab. Schon nach wenigen Jahren könnte man durch die Laubschicht nicht mehr durchkommen, und innerhalb einiger Jahrzehnte wäre der ganze Baum im Laub erstickt.
Dass es nicht soweit kommt, ist das Werk von winzigen Lebewesen, den Abfallverwertern der Natur. Sie zerraspeln und zernagen die Blätter, bauen sie zu immer einfacheren Stoffen ab und erzeugen schließlich daraus Humus – von Leben durchwebte, fruchtbare Erde.  mehr …

Nützliche Bäume

Überlegen Sie einmal, auf was Sie alles verzichten müssten, wenn es keine Bäume gäbe. Sie könnten weder Äpfel noch Birnen, weder Nüsse noch Zitronen essen. Kakao und Kaffee fielen weg. Fußboden,Tisch, Stuhl und Schrank wären vielleicht aus Stein, Kunststoff oder Metall statt aus Holz.  mehr …

Welt aus Holz

Was wären wir ohne das Holz, das wir den Bäumen verdanken? Es ist nicht nur schön und vielseitig einsetzbar, Holz ist auch bemerkenswert fest – schließlich sorgt es für die Standfestigkeit der Baumriesen. Im Handel kann man unter Hunderten von Sorten wählen.  mehr …

Apotheke der Bäume

Die Kenntnis von den Heilkräften vieler Bäume ist schon sehr alt. Wahrscheinlich wussten schon die Steinzeitmenschen darum, die sicher gute Naturbeobachter waren. Selbst Schimpansen nutzen manche Bäume gezielt zu Heilzwecken.  mehr …

Baum als Kalender

Jedes Jahr legt der Baum eine neue Holzschicht an, die sich wie ein Mantel um die alte legt und im Querschnitt als Ring erscheint. In diesen Jahresringen spiegelt sich die Lebensgeschichte eines Baumes. Sie dienen zudem Vorgeschichtsforschern als Hilfe zur Datierung alter Holzreste, etwa von gesunkenen Hanse-Schiffen.  mehr …